Die GEA Refrigeration Germany GmbH in Berlin hat für die Zerspanung von Schraubenverdichtergehäusen drei in die Jahre gekommene Bearbeitungszentren durch neue CNC-Bearbeitungszentren HEC 630 Athletic und HEC 800 Athletic ersetzt. Damit ist es gelungen, die Bearbeitungszeiten um rund 40 % zu senken und dementsprechend auf gleichem Raum zusätzliche Fertigungskapazitäten zu generieren.
Was haben der Klima-Wind-Kanal in Wien, eine Skihalle in Dubai und die Messehallen in Stuttgart gemeinsam? Sie enthalten Kälteaggregate von GEA. Auch für viele andere industrielle Einsatzfälle stellt der international tätige Technologiekonzern passende Kälte- und Klimalösungen bereit, zum Beispiel für Motorenprüfstände und Lackierkabinen, Lagerhallen und Kühlketten für Nahrungsmittel wie Joghurt oder Speiseeis.
Das Herzstück dieser Kälteaggregate sind die GEA Schraubenverdichter, die in der Berliner Deutschland-Niederlassung hergestellt werden. 2016 waren dies rund 1.500 Kompressoren, die in 28 verschiedenen Modellen von 280 m3 bis 11.500 m3 Volumenstrom das Werk verlassen haben. Ihre besonderen Kennzeichen: hoher Wirkungsgrad und lange Lebensdauer.
Ein solcher Schraubenverdichter besteht im Wesentlichen aus Rotoren und Gehäusen. Vor allem das Rotorprofil wird von jedem Hersteller wie ein Geheimnis gehütet, da es den Grundstein für die Effizienz legt. Aber auch Saug-, Rotor- und Druckgehäuse tragen qualitätsentscheidende Merkmale. Beginnend bei den Flanschflächen bis hin zu den Passbohrungen für die Rotorlager sind enge Form- und Lagetoleranzen einzuhalten. Produktionsleiter Hanno Heim erklärt: „Um einen jahrelang einwandfreien Lauf der Rotoren zu gewährleisten, kommt ihrer Achsparallelität besondere Bedeutung zu. Wir bewegen uns daher in Genauigkeitsbereichen kleiner 20 µm bezüglich Positionen, sowie kleiner 10 µm bezüglich Koaxialität und Winkligkeit.“
Success Story
Höhere Profitabilität pro Quadratmeter
Neue HEC-Bearbeitungszentren der Starrag Group modernisieren anspruchsvolle Gussbearbeitung
Modernisierungsdruck in der Zerspanung
Dementsprechend stellt die Gehäusebearbeitung hohe Anforderungen an die eingesetzten Maschinen. Zudem müssen neben erwähnter Präzision auch hohe Belastbarkeit und große Verfahrwege gegeben sein. Zumindest für die großen X-Large-Schraubenverdichter, deren Gehäuse ein Volumen von etwa einem Kubikmeter einnehmen und rund 1,5 Tonnen wiegen.
Um für die gesamte Produktpalette eine wirtschaftliche Gehäusezerspanung sicherzustellen, trafen die GEA-Verantwortlichen die Entscheidung, die Fertigung in Berlin auf modernsten Stand zu heben. Da in den letzten Jahren die Stückzahlen derart gewachsen waren, dass die Produktion zum Teil ausgelagert werden musste, sollten für eine komplette Inhouse-Fertigung zusätzliche Kapazitäten geschaffen werden.
Der Plan sah vor, ab Anfang 2015 zwei in die Jahre gekommene horizontale Bearbeitungszentren zu ersetzen. Damit verbunden war die Forderung, die bisherigen Bearbeitungszeiten – insbesondere die Nebenzeiten – stark zu verringern, die Bearbeitungsgenauigkeiten zu erhöhen und besondere Aufmerksamkeit der hochgenauen Tiefenbearbeitung von Passbohrungen zu widmen. Eine hohe Maschinenverfügbarkeit stand ebenso im Pflichtenheft wie die aktuelle Siemens-Steuerung 840 D sl und der Umstieg auf Werkzeugaufnahmen vom Typ HSK-100. „Wir haben uns bis in die Details Gedanken gemacht, wie wir die Bearbeitung optimieren können“, betont Produktionsleiter Hanno Heim. „Dann unterzogen wir die relevanten Maschinen verschiedener Hersteller einem ausführlichen Vergleich. Dazu gehörten Zeitstudien für ein Referenzbauteil, das alle üblichen Bearbeitungsgänge enthält.“
40%
niedrigere Bearbeitungszeiten
HEC 630 Athletic sammelt die meisten Pluspunkte
Nach der Auswertung über ein ausgeklügeltes Punktesystem entschieden sich die GEA-Verantwortlichen zum Einkauf bei der Starrag Group, einem technologisch weltweit führenden Hersteller von Präzisions-Werkzeugmaschinen. Zunächst wurde ein Horizontal-BAZ HEC 630 Athletic geordert, dem dann einige Monate später eine HEC 800 Athletic für die Großteilebearbeitung folgen sollte.
Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren mehrere Faktoren. Zum einen versprach die HEC 630 eine errechnete Zeiteinsparung von 36 % gegenüber der bisherigen Bearbeitung. Im Vergleich dazu lagen die engsten Konkurrenten bei nur 30 bis 32 %. Zum anderen schnitt das Heckert-BAZ auch beim technischen Maschinenvergleich am besten ab, und zum dritten sprachen in der Vergangenheit gemachte Erfahrungen für eine erneute Partnerschaft mit der Starrag Group.
Aus technischer Sicht überzeugte die HEC 630 durch ihr Gesamtkonzept. Die Achskonfiguration mit X- und Y-Achse im Werkzeug sowie der Z-Achse im Maschinentisch verleiht ihr eine hohe Stabilität. Dies wird durch die steif und thermosymmetrisch gestalteten Hauptbaugruppen unterstützt. Sie legen zusammen mit den digitalen AC-Vorschubantrieben sowie mit höchster Präzision montierten Profilschienenführungen und Kugelumlaufspindeln in allen Linearachsen eine solide Basis für eine prozesssichere Zerspanung.
Burghardt Krüger, als Prozessingenieur schon seit vielen Jahren bei GEA in der Gehäusebearbeitung tätig, war in die Entscheidung involviert. Er hebt eine Stärke hervor, die andere Hersteller nicht vorweisen können: „Die Starrag Group bietet ihre HEC-Bearbeitungszentren bereits ab den mittleren Baugrößen 630 und 800 mit einer Pinole an. Das ist für unsere tiefen Passbohrungen von enormem Vorteil. Denn so können wir kurze, kompakte Werkzeuge einsetzen, die eine hohe Präzision und Prozesssicherheit mit sich bringen.“ Als Alternative zur Pinole (125 mm Durchmesser und 500 mm Ausfahrlänge) müssten lange, schwere Werkzeuge verwendet werden. Diese sind teurer und neigen zudem zu Schwingungen und Durchbiegung, was Ungenauigkeiten in der Zerspanung begünstigt.
Großer Arbeitsraum und freier Spänefall
Als weiteres wichtiges Detail erwähnt Burghardt Krüger den Arbeitsraum: „Bei der HEC-Baureihe ist es der Starrag Group gelungen, den Störkreis und die Verfahrwege gegenüber Vorgängermodellen deutlich zu vergrößern. So können wir die Maschine eine Nummer kleiner als früher wählen, was hinsichtlich des begrenzten Aufstellplatzes sehr vorteilhaft ist.“
Zudem ist der Arbeitsraum so konstruiert, dass die Späne frei in den mittig angeordneten Späneförderer fallen. Das verhindert, dass sich Spänenester im Arbeitsraum bilden, welche die Prozesssicherheit gefährden würden. Als positiv beurteilt Krüger auch den Einsatz von Festblechen anstatt Teleskopabdeckungen, um die Funktionselemente optimal vor Spänen und Kühlmittel zu schützen. Das ermöglicht höhere Beschleunigungen und Eilgänge und verringert die Wartungskosten.
Nach dem für die HEC 630 erfolgreich verlaufenen Benchmark legte sich GEA gleich auf eine zweite Maschine der gleichen Baureihe fest: eine HEC 800 Athletic, die zur Bearbeitung der großen Gehäuse mit einer zusätzlichen Z-Achsen-Verlängerung und bis zu 2,5 t beladbarem Maschinentisch ausgestattet ist.
Schneller Start der Serienproduktion
Nachdem die HEC 630 im Februar 2015 in Betrieb genommen wurde, ging die HEC 800 im Juli an den Start. Die Inbetriebnahme lief jeweils reibungslos. Schon Tage nach der Übergabe konnte mit der Serienproduktion begonnen werden, da die Chemnitzer Spezialisten für horizontale Bearbeitungszentren auch technologische Unterstützung mitlieferte. Dazu gehörte die Ausarbeitung der Arbeitsgangfolge für verschiedene Gehäuse, das Überprüfen der eingesetzten Werkzeuge und schließlich das Einfahren des erstellten NC-Programms bis zu einem Gut-Teil.
Besonders intensiv beschäftigt sich Ronny Kolbe mit den neuen HEC-Bearbeitungszentren. Der Spezialist für Produktionsplanung und -steuerung erstellt und optimiert gemeinsam mit Burghardt Krüger die darauf eingesetzten CNC-Programme. Er weist auf einen zusätzlichen Pluspunkt hin, der sich bereits in der Praxis bewährt hat – das Werkzeugmagazin mit 240 Plätzen, das Werkzeuge bis zu einem Durchmesser von 340 mm und einer Länge von bis zu 800 mm automatisch händeln kann: „Durch diese Kapazität sind wir sehr flexibel und müssen auch bei Kleinstserien nicht permanent umrüsten. Außerdem konnten wir die Aufspannungen pro Gehäuse von drei auf zwei reduzieren.“ Trotz seiner großen Werkzeugfülle benötigt das Turmmagazin im Vergleich zu anderen Lösungen nur eine geringe Aufstellfläche, was bei beengten Verhältnissen ein wichtiges Argument darstellt. Darüber hinaus können Werkzeuge hauptzeitparallel be- und entladen werden.
Bei den Fertigungsmitarbeitern kommt auch die neue Siemens-Steuerung 840 D sl gut an. Zwar war bereits bei den Vorgängermaschinen eine Siemens-CNC 840 D installiert, doch die neueste Generation erlaubt ein deutlich entspannteres Arbeiten, wie Ronny Kolbe urteilt: „Das Bedienpult wurde neu gestaltet. Ein großer Bildschirm und die aufgesetzte Bediensoftware machen das Arbeiten übersichtlicher und durch zahlreiche Piktogramme einfach verständlich. Auch die Simulationsmöglichkeiten haben sich deutlich verbessert. Selbst zur schnellen Störungsdiagnose stehen dem Bediener Hilfs- und Serviceroutinen zur Verfügung.“
Einsparungen über 40 %
Das Ergebnis der Modernisierungsmaßnahmen ist erfreulich: In der Praxis konnten die Bearbeitungszeiten für Gehäuse der GEA Grasso M-Baureihe auf der HEC 630 um rund 45 % gesenkt werden. In ähnlichem Bereich liegen die Einsparungen bei den XL-Verdichtern der GEA Grasso LT-Baureihe, die auf der HEC 800 bearbeitet werden. Diese in der Praxis nachweisbaren Erfolge bewogen die Geschäftsführung, schon vor dem eigentlichen Plan eine weitere Maschine zu ersetzen. Im Dezember 2016 machte im Berliner GEA-Werk die Heckert CWK 1000 einer weiteren HEC 800 Platz. Die kürzeren Bearbeitungszeiten senken nicht nur die Herstellungskosten. Sie erhöhen die Fertigungskapazität derart, dass die teilweise vormals nach extern vergebene Gehäusebearbeitung wieder ins eigene Werk zurückgeholt werden kann.
Auch für die Zukunft und für Industrie 4.0 ist das Berliner GEA-Werk mit der Neuinvestition gut gerüstet. So freut sich Instandhaltungsleiter Manuel Marks auf die Betreuung der drei Neuen: „Für diese Maschinen gibt es mit Starrag Connect ein Tool zur mobilen Maschinenüberwachung. Das heißt, ich kann mich via Tablet und Online-Verbindung jederzeit von jedem Ort aus über die aktuellen Bearbeitungsparameter wie Teileprogramm, Spindeldrehzahl, NC-Satz, Werkzeug etc. der einzelnen Maschinen informieren. Falls sich GEA später entscheidet, die Fertigung mit weiteren Maschinen aus der Starrag Group auszurüsten, lassen sich diese problemlos ins Starrag Connect-System integrieren. Vorbeugende Wartung wird von situationsabhängiger Wartung abgelöst. Denn ich kann permanent den Zustand der Maschine mittels Temperatur- und Schwingungssensoren überwachen. Die Software erkennt zunehmenden Verschleiß oder nachlassende Schmierung, so dass ich punktgenau reagieren kann.“ Die Software meldet auch Störungen und Fehlermeldungen und bietet bei Bedarf direkten Zugriff auf die Maschinendokumentation.
Unternehmensprofil GEA
Kälte- und Klimatechnik im GEA-Konzern
GEA ist ein international tätiger Technologiekonzern, der sich auf Prozesstechnik und Komponenten für anspruchsvolle Produktionsprozesse in unterschiedlichen Endmärkten konzentriert. Der Konzern beschäftigte 2016 weltweit etwa 17.000 Mitarbeiter, der Umsatz lag bei rund 4,5 Milliarden Euro, wovon mehr als 70 % aus der langfristig wachsenden Nahrungsmittelindustrie stammen.
Im Bereich der industriellen Kälte- und Klimatechnik ist GEA die Nummer 1 in Europa und rangiert weltweit auf Platz 3. Die GEA Refrigeration Germany GmbH in Berlin ist gewissermaßen das Kompetenzzentrum für derartige Lösungen. Dort werden im Wesentlichen Schraubenverdichter hergestellt, die in deutschen, amerikanischen und asiatischen GEA-Niederlassungen zu einsatzbereiten Aggregaten ergänzt und schließlich in der Lebensmittel- und Chemieindustrie, in Büro- und Lagergebäuden oder in der Schifffahrt eingesetzt werden.